Branchendialog mit Automobilindustrie – Liebscher: Industrie fördern, Arbeitsplätze sichern und Umwelt schützen

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Zukunft ist in diesen Zeiten ein Wort mit dem viele Arbeitnehmende und Arbeitgebende der Automobilindustrie mit Ungewissheit verbinden.
Ungewissheit darüber, wie sich der Wandel innerhalb der Branche auf sie auswirken wird. Aber auch Ungewissheit, wie sie den Anforderungen an die zukünftige Mobilität bestmöglich gerecht werden.
Das Ziel ist klar: Die Zukunft gehört einem Auto mit umweltfreundlichem Antrieb, das digital agiert und autonom fahren kann. Der Weg dahin ist jedoch weniger einfach festzulegen. Das liegt vor allem auch an der Vielfältigkeit der Erwartungen, den Mobilität geht alle etwas an. Nahezu jeder Haushalt besitzt ein Auto. Vor allem im ländlichen Raum, mit schlechter ÖPNV Anbindung, gibt es derzeit keine geeignete Alternative. Allein in Sachsen sind mehr als 95.000 Menschen in der Automobilindustrie beschäftigt. Deshalb sollten wir alle auf eine sozialverträgliche Transformation dieser Schlüsselindustrie hinarbeiten.
Das Ende des Verbrennungsmotors wird kommen und es ist die Aufgabe der Politik dieses gemeinsam mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft als Chance für Umwelt und Unternehmen zu gestalten. Nur so können wir Unsicherheiten dauerhaft reduzieren und den Menschen Planungssicherheit geben.
Alternative Antriebe sind auf dem Vormarsch. Schon jetzt werden große Investitionen in Elektromobilität, autonomes Fahren und Wasserstoff-Technologien getätigt. Aus diesem globalen Wettbewerb als Verlierer herauszugehen wäre nicht nur für die sächsische Autoindustrie, sondern für die gesamte „Autonation Deutschland“ wirtschaftlich verheerend. Aus diesem Grund wollen wir einen dauerhaften Branchendialog einrichten, um mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmer*innenvertretungen der Automobil- und Zulieferindustrie ins Gespräch zu kommen. Aber auch Unternehmen aus dem Bereich der Sensorik und Mikroelektronik sollen in den Austausch mit einbezogen werden.
Es ist erfreulich, dass die Industrie mittlerweile selbst zu erkennen scheint, dass keine Zeit mehr bleibt. Vielmehr geht sie bereits jetzt voran und beweist ihre Fortschrittlichkeit. Bei Volkswagen in Zwickau ist im Juni der letzte VW mit Verbrennungsmotor vom Band gerollt. Daneben plant VW bis zum Jahr 2024 über 500 Ladestationen im ganzen Freistaat zu errichten. Spätestens jetzt sollte allen Beteiligten klar geworden sein: Sachsen hat das Potenzial hinsichtlich alternativer Antriebe eine führende Position einzunehmen. Diesen Prozess erfolgreich zu bewältigen ist eine richtungsweisende Herausforderung. Gelingt es nicht, sehen wir uns womöglich mit Arbeitsplatzverlusten und einer geringeren Standortattraktivität konfrontiert.
Wenn wir es aber schaffen, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, können alle profitieren. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Erhalt und der Schaffung neuer Arbeitsplätze, die fair bezahlt und zukunftsfest sind. Dabei geht es uns auch um die Stärkung der Tarifautonomie und darum, Weiterbildungsmöglichkeiten zu schaffen. Das kann nur in Kooperation mit Gewerkschaften und Betriebsräten erreicht werden.
Ich will an dieser Stelle noch einmal betonen, dass ich es für sehr wichtig halte, alle Akteure an dem Prozess zu beteiligen, auch wenn es bei dem einen oder anderem noch einen gewissen Lernprozess in der Zusammenarbeit bedarf. Darüber hinaus liefert dieser Branchendialog auch Möglichkeiten, Umweltschutz neu zu denken. Denn es muss nicht heißen: Klima schützen oder Wirtschaft fördern. Vielmehr müssen Wege gefunden werden, um beides zu vereinen. Und genau hier liegt das Potenzial für die Mobilität von morgen. Wenn wir heute gemeinsam Strategien erarbeiten, um Fahrzeuge im gesamten Lebenszyklus klimaneutral zu entwickeln, können wir in Zukunft dafür die Gewinne einfahren.
Durch frühes Handeln sind wir in der Lage heimischen Unternehmen sogenannte „Early Mover Advantages“ zu verschaffen. Neue Mobilitätskonzepte, Cross Innovation und shared economy sind nur einige der vielen Bereiche in denen ganz neue Geschäftsmodelle entstehen können. Von der Fahrzeug- und Kraftstoffherstellung, über die Nutzung bis hin zum Recycling der verwendeten Materialien sollte an allen Stellen versucht werden, Ressourcen einzusparen und CO2 zu verringern. Auch dazu gibt es schon Beispiele in Sachsen: BMW geht hier mit gutem Beispiel voran und produziert den vollelektrischen i3 in Leipzig mit Windenergie.
Damit die sächsische Automobilindustrie auch weiterhin gegen konkurrierende Unternehmen bestehen kann, brauchen wir deshalb einen Wissenstransfer zwischen Politik, Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft. Nur gemeinsam können wir einen Weg finden, wie wir unsere Industrie fördern, Arbeitsplätze sichern und die Umwelt schützen.

» Antrag der Fraktionen CDU, BÜNDNISGRÜNE und SPD "Zukunft der Automobilindustrie in Sachsen gestalten – Branchendialog dauerhaft einrichten" (Drs 7/3036)

» Mehr Informationen zur 12. und 13. Sitzung des 7. Sächsischen Landtages

Arbeit & Wirtschaft | | 16.07.2020

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