Aktuelle Debatte Mobilität: Investitionen in die Schiene sind Investitionen in Wohlstand und Klimaschutz

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
werte Kolleginnen und Kollegen,

was braucht es, damit die Menschen vom Auto in den Bus oder die Bahn umsteigen? Es ist eigentlich ganz einfach: Es braucht ein gutes Angebot! Ein wichtiges Qualitätskriterium für attraktiven Zugverkehr, auch im ländlichen Raum, ist neben attraktiven, vertakteten Verbindungen natürlich ein dichtes, ausgebautes Schienennetz. Ein Schienennetz, welches nicht nur die großen Städte verbindet, sondern auch in der Fläche nah und schnell zu erreichen ist. Nur wenn mich der Zug einfach und ohne Umstände an mein Ziel bringt, bin ich bereit, mein Auto stehen zu lassen.

Diese attraktiven Bedingungen für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zu schaffen, dafür sind wir in dieser Koalition angetreten. Wir haben uns nicht nur zu Mindestbedienstandards verabredet, sondern wollen auch in der Vergangenheit stillgelegte Bahnstrecken wieder reaktiveren.

Die Voraussetzungen haben wir mit Beschluss des Doppelhaushaltes 2021/22 geschaffen, in dem die Koalition sieben Millionen Euro zusätzlich für Streckenreaktivierung bereitgestellt hat. Jetzt gilt es, die Ergebnisse der Basisstudie des Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr umzusetzen. Für die Strecken mit erfolgreicher Potentialanalyse müssen die weiteren Planungsschritte für eine Reaktivierung eingeleitet werden. Dabei sehen wir BÜNDNISGRÜNE nicht nur die ersten sieben Strecken im Fokus, sondern werben dafür, auch die etwas dahinterliegenden ehemaligen Bahnlinien mit etwas geringerem Potential weiter zu untersuchen. Dabei können und wollen wir nicht auf den Sankt Nimmerleinstag warten, sondern jetzt beginnen. Denn eines ist doch klar: Je länger die Streckenstilllegung zurück liegt, umso mehr verfällt die Strecke und umso aufwendiger wird die Reaktivierung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
Investitionen in die Schiene sind Investitionen in die Regionen! Sie machen den ländlichen Raum wieder attraktiver und ermöglichen Zuzug auch von jungen Menschen, die nicht den Großteil aller Familienwege mit dem Auto fahren wollen. Viele in die Stadt Gezogene sehnen sich nach dem Leben auf dem Land, aber nicht unter widrigen Bedingungen.

Es ist offensichtlich, dass all jene Kommunen von der Nähe zu Oberzentren profitieren, die gut mit dem ÖPNV erschlossen sind. Nehmen wir die Region Meißen: Bereits heute ziehen zahlreiche junge Familien, die in Dresden keine bezahlbare Wohnung mehr finden, nach Meißen und pendeln mit der S-Bahn in die Landeshauptstadt. Mit einer attraktiven Bahnstrecke Richtung Döbeln könnte sich der Speckgürtel in den Landkreis wesentlich ausweiten.

Fakt ist: Die Reaktivierung von Bahnstrecken ist eine Chance für diese Region, aber auch zahlreiche weitere Regionen in Sachsen, die es zu ergreifen gilt! Und dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen!

Nehmen wir uns doch ein Beispiel an Baden-Württemberg. Hier gibt es viele gelungene Streckenreaktivierungen, obwohl im Vorfeld das Fahrgastpotential als deutlich geringer eingeschätzt wurde.

Sehr verehrten Damen und Herren,
für den Fernverkehr gilt natürlich auch das Attraktivitätsgebot: Wenn die Bahn eine Alternative zum bequemen Auto darstellen soll, müssen Reisezeiten und Angebot attraktiv sein. Die Elektrifizierung und der zweigleisige Ausbau der Strecke Chemnitz – Leipzig gehört natürlich auch dazu, um Chemnitz endlich wieder an den Fernverkehr anzuschließen. Es ist einer Stadt dieser Größe absolut unwürdig, vom Fernverkehr abgekoppelt zu sein, nicht nur im Kulturhauptstadtjahr 2025. Dass jetzt der Freistaat Sachsen eigene Finanzmittel für die Planung des zweigleisigen Ausbaus bereitstellt, ist richtig und wichtig. Wahrscheinlich werden wir uns nächstes Jahr im Rahmen der Doppelhaushaltsverhandlungen allerdings tief in die Augen schauen und noch mehr Verbindlichkeit für diesen Ausbau schaffen müssen.

Ein hohes Maß an Verbindlichkeit erhoffe ich mir auch von der verheißungsvollen Absichtserklärung zur Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden – Görlitz von letzter Woche.

Wir BÜNDNISGRÜNE werden die maßgeblichen Akteure gern beim Wort nehmen und hoffen, dass es sich nicht nur um ein Wahlkampfmanöver handelte. Uns ist die Elektrifizierung dieser Strecke äußerst wichtig. Nicht nur, um die Reisezeiten ohne Umstieg in Richtung Polen zu verbessern, sondern auch, um den Schienenverkehr auch in Sachsen endlich sauberer und umweltfreundlicher zu machen. Nach wie vor rangiert der Freistaat beim Elektrifizierungsgrad seiner Schienenwege sehr weit hinten im bundesdeutschen Vergleich.

Investitionen in die Schiene sind Investitionen in Wohlstand und Klimaschutz. Um eine echte Mobilitätswende einzuleiten, braucht es Mut und Taten. Wir BÜNDNSGRÜNE sind bereit dazu.

Verkehr | | 29.09.2021

Zurück