Fachregierungserklärung Tourismus – Liebscher: Nachhaltige Ausgestaltung des sächsischen Tourismus mit konkreten messbaren Zielen ist längst überfällig

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Ministerin,
werte Kolleginnen und Kollegen,

lassen Sie mich nun, nachdem meine Kollegin Claudia Maicher für meine Fraktion die kulturpolitischen Perspektiven beleuchtet hat, noch ein Schlaglicht auf den Tourismus werfen.

Wie fragil und zugleich robust die Tourismuswirtschaft ist, zeigten die vergangenen herausfordernden Jahre deutlich. Ja, Tourismus bietet Perspektiven, braucht aber auch entsprechende Rahmenbedingungen. Ich möchte daher die Frage aufgreifen, was braucht zukunftsfähiger, ja zukunftsweisender Tourismus?

2021 nutzten 74 Prozent der Bevölkerung das Internet als Quelle für Urlaubsinformationen. Umso wichtiger ist ein sehr guter Onlinemarketing-Auftritt. Mit der neuen Plattform „Sachsen-Tourismus“ gelingt dies dem Freistaat sehr gut. Die Seite ist frisch, sehr informativ und lässt sogar mit den vielen Touren- und Ausflugstipps Einheimische ihr Bundesland neu entdecken. Wunderbar! Da bin ich wirklich voll des Lobes. Ein Besuch lohnt sich. Auch das Thema barrierefreies Reisen wird ausführlich beleuchtet.

Was ich jedoch vermisst habe, und da sind wir, nach der Digitalisierung wieder bei zukunftsfähigem und zukunftsweisendem Tourismus: die Nachhaltigkeit.

Mit nahezu keiner Silbe werden Reisende abgeholt, die ihren Urlaub einfach nachhaltig gestalten wollen und nach gut aufbereiteten Informationen aus einem Guss oder gar Reisepaketen auf der Plattform suchen. Wanderurlaub ist per se doch noch kein nachhaltiger Urlaub. Die 71 Prozent der Reisenden, die sich für nachhaltiges Reisen interessieren, werden leider nicht von den sächsischen Angeboten abgeholt, sondern fahren dann eben nach Baden-Württemberg oder Mecklenburg-Vorpommern, wo es nachhaltige Reiseangebote gibt, oder verzichten auf die nachhaltige Gestaltung ihrer Reise. Beides ist nicht in unserem Sinn, oder?

Natürlich könnten Sie mir nun entgegnen, dass die Überarbeitung der Tourismusstrategie hinsichtlich Nachhaltigkeit bzw. der neue Masterplan Tourismus noch nicht vorliegt und daher entsprechende Angebote zum nachhaltigen Reisen in Sachsen fehlen. Ja, das stimmt, der Masterplan liegt noch nicht vor. Aber den touristischen Internetauftritt des Freistaates mit nachhaltigen Angeboten entsprechend der Nachfrage der Reisenden und der Angebote in den Regionen auszustatten, dafür braucht es zunächst keinen umfassenden Strategieprozess. Die einzelnen Tourismusregionen sind diesbezüglich in großen Teilen schon viel weiter, haben sich nachhaltig aufgestellt und können Material und Angebote liefern, welche unter der Dachmarke präsentiert werden können. Dafür muss Nachhaltigkeit aber Bedeutung beigemessen werden.

Dass der Strategieprozess zum Masterplan Tourismus stattfinden muss, ist dagegen unbenommen und dringend. Den sächsischen Tourismus hinsichtlich der ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit neu aufzustellen und diese auch messbar auszugestalten, darauf bin ich bereits im vergangenen Mai im Rahmen der aktuellen Debatte unseres Koalitionspartners ausführlich eingegangen.

Werte Kolleginnen und Kollegen,

dass Nachhaltigkeit aber nicht nur nachgefragt wird, sondern in Zusammenhang mit Klimawandel und Klimaschutz hohe Bedeutung für die Resilienz der sächsische Tourismuswirtschaft hat und kein Selbstzweck ist, hat uns auch das vergangene Jahr wieder einmal sehr deutlich vor Augen geführt. Was in der Vergangenheit Hochwasser waren, waren im Jahr 2022 die verheerenden Waldbrände in der Sächsischen Schweiz. Mit solchen Katastrophen gehen nahezu immer massivste Einbrüche im Tourismus einher. Mit zunehmenden Klimawandel werden Wetterextreme immer häufiger. Daher kann und muss es im Sinn der Tourismuswirtschaft sein, welche in besonderen Maße von der Schönheit und dem Reichtum der Natur abhängig ist, mit nachhaltigem Handeln einen Betrag zum Klimaschutz zu leisten statt an dem Ast zu sägen, auf dem sie sitzt.

Dies gilt auch für die Wintersportregionen. Wenngleich ich mir hiermit vielleicht zunächst wenig Freunde mache: Kurzfristig mag eine Schneekanone als Rettungsanker wirken, aber in Wirklichkeit ist die Beschneiung von Skihängen eine klimaschädliche Klammerung an das Ewiggestrige. Was ist das für ein Skifahrerlebnis, an grünen Hängen auf einer schmalen vereisten Piste hinunter zu rauschen?

Statt weiterhin die Auswirkungen des Klimawandels in den sächsischen Wintersportregionen zu ignorieren, braucht es dringend neue Konzepte und Angebote für den Winter- und Ganzjahrestourismus im Freistaat. Denn eines ist klar: Auf den Winter ist kein Verlass mehr. Wir dürfen nun aber weder die vielen Tourismusbetriebe allein lassen noch die Klimakrise weiter befeuern.

Nachhaltiger Tourismus erhält sowohl die Natur und Umwelt als auch die regionale Wertschöpfung und bietet gute Arbeitsplätze. Das muss unser Anspruch sein, sowohl für den Erhalt unserer Lebens- als auch unserer Wirtschaftsgrundlage.

Vielen Dank!

Tourismus | | 01.02.2023

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