Innovationsförderung - Liebscher: Standortattraktivität durch Investitionssicherheit steigern

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

die sächsische Wissenschafts- und Forschungslandschaft zeichnet sich schon heute durch exzellente Forschung und leistungsstarke Unternehmen aus. Mit großen Hochschulstandorten wie Leipzig oder Dresden generieren wir Forschungsergebnisse aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften wie auch aus den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften.

Im Vergleich zur Leistungsfähigkeit bzw. dem Output der sächsischen Wissenschaftslandschaft ist der erfolgreiche Transfer von Forschungsergebnissen in die sächsische Wirtschaft jedoch unterentwickelt. Das als „European Paradox“ bekannte Phänomen ist, wie der Name schon sagt, kein Alleinstellungsmerkmal des Freistaates, sondern ein gesamteuropäisches Thema. Der Exzellenz in der Forschung stehen Schwierigkeiten bei der Ergebnisverwertung entgegen. Zu oft bleiben wirtschaftlich sehr interessante Technologieansätze in den Schubladen der Wissenschaftseinrichtungen liegen. So können wesentliche Innovationspotenziale für die Wirtschaft und die Gesellschaft nicht erschlossen werden.

Als Grund führen Wissenschaftler*innen an, dass nach dem „Proof of Principle“ bis zum notwendigen „Proof of Concept“ nur noch wenige bis gar keine Ressourcen mehr zur Weiterentwicklung einer Technologie zur Verfügung stehen. Weder kann auf die Grundfinanzierung von Wissenschaftseinrichtungen noch typische wissenschaftsbezogene Drittmittelfinanzierungen zurückgegriffen werden. Es ist nicht in unserem Sinne, dass zukunftsweisende Technologien aufgrund einer Finanzierungslücke nicht zur Marktreife gebracht werden. Die internationale Konkurrenz schläft nicht, meine Damen und Herren. Wenn wir unsere Standortattraktivität erhöhen wollen, müssen wir deshalb auch Investitionssicherheit schaffen.

Es kann nicht sein, dass monate- oder jahrelang unzählige Arbeitsstunden und Gelder in ein Projekt gesteckt werden, dass am Ende zwar sinnvoll aber nicht gänzlich finanzierbar ist. Es braucht klare Anreize, die den Innovationsprozess für alle Beteiligten nachhaltig und sicher gestalten. Um die Unternehmen zu signifikanten Innovationen zu ermutigen, muss die Brücke zwischen der Forschung und der Verwertung bzw. Anwendung von Forschungsergebnissen weiter gestärkt werden. Genau dies ist das Ziel der Fördermaßnahme. Besonders vielversprechend sind interdisziplinäre Ansätze, denn Innovationen entstehen oft an der Schnittstelle unterschiedlicher Disziplinen. Dazu muss das Innovationspotenzial von Forschungsergebnissen frühzeitig geprüft, nachgewiesen und bewertet werden. Daraus wird die Erschließung von Anwendungsbereichen und eine abschließende Entwicklung möglich. Das finanzielle Risiko, das vor allem potenzielle Investoren tragen, wird dadurch minimiert.

Wie Sie sich vielleicht erinnern, haben wir BÜNDNISGRÜNEN bereits 2017 einen Antrag zur Validierungsförderung eingereicht. Damals wurde er vom Parlament abgelehnt, weshalb es mich jetzt umso mehr freut, dass sich nun endlich doch eine Mehrheit für dieses so wichtige Vorhaben finden wird.
Die Anforderungen, die wir an eine sächsische Validierungsförderung stellen sind jedoch die gleichen geblieben:

Es braucht ein Programm, dass gegenüber der Art der zu validierenden Ideen, den verschiedenen Technologieansätzen und den späteren Verwertungswegen Themen offen ist.

Die Antragsbearbeitung sollte verlässlich und unbürokratisch funktionieren. Kurze Bewilligungszeiten sind genauso wichtig wie eine Abkehr von unnötiger Komplexität.

Gleichzeitig darf der Umfang der Aufgaben und Kosten, die förderfähig sind, nicht gering ausfallen. Hierzu zählen neben der technischen Weiterentwicklung auch die Entwicklung eines Geschäftsmodells.

Während der Projektbearbeitung sollte die Möglichkeit geschaffen werden, ein anwendungsorientiertes Ergebnis zu erreichen, damit die anschließende Weiterfinanzierung unter Einbezug privatwirtschaftlicher Mittel ermöglicht wird.

Insgesamt sollte eine gezielte Projektauswahl erfolgen. Ob die Eingangsvoraussetzungen erfüllt sind, sollte auf der einen Seite durch eine Bewertung des Potenzials und einen Nachweis einer Erhebung festgestellt werden. Auf der anderen Seite müssen auch die rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen sowie die Akzeptanz des Marktes und der Gesellschaft Berücksichtigung finden. Um das zu gewährleisten sollte eine frühe Integration unabhängiger Marktuntersuchungen, Inkubationsleistungen und Personen mit Marktexpertise und Berufserfahrung erfolgen. Klar ist außerdem, dass es definierte Kriterien braucht, um einen Abbruch oder eine Modifikation bei Nicht-Erreichbarkeit von Zielen zu ermöglichen.

Da all diese Maßnahmen in der sächsischen Förderkulisse bisher noch komplett fehlen und damit auch die Erfahrungen mit Ihnen, ist eine Evaluation unumgänglich. Der Erfolg muss messbar gemacht werden, um das Programm bestmöglich weiterzuentwickeln. Wissenschaft und Wirtschaft brauchen einen Partner, der ihnen die Weichen zum Erfolg stellt – wir wollen dieser Partner sein.

» Mehr Informationen zur 12. und 13. Sitzung des 7. Sächsischen Landtages

Arbeit & Wirtschaft | | 15.07.2020

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