Perspektive für Wirtschaft in der Corona-Pandemie – Liebscher: Wir müssen Wege finden, unsere Innenstädte zukunftssicher zu machen

Sehr geehrter Herr Präsident,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,

als ich diesen Antrag der AfD-Fraktion gelesen habe kam ich nicht umhin zu denken: Die haben es immer noch nicht verstanden. Offenbar muss man Sie wirklich in jedem Plenum neu daran erinnern: Schutzvorkehrungen und Maßnahmen zur Bewahrung von Menschenleben sind nicht aus einer politischen Laune erwachsen, um die Wirtschaft in willkürliche Geiselhaft zu nehmen! Ein überwiegender Großteil der sächsischen Unternehmerinnen und Unternehmer sind sich dessen auch bewusst.

Allein die AfD scheint von allen Hygienemaßnahmen ja die größten Schwierigkeiten mit einer Abstandsregel zu haben: Und das ist die zu Corona-leugnenden Verschwörungstheorien und der extremen Rechten!

Deshalb kann ich auch verstehen, dass Sie die Staatsregierung auffordern, eine Perspektive vorzulegen, denn ihr populistisches Einmaleins lässt eine differenzierte Betrachtung der Situation und das Aufzeigen von möglichen Perspektiven aus der gesellschaftlichen Krise ja gar nicht zu!

Sonst wüssten Sie nämlich, dass sich die sächsischen Maßnahmen nicht nur an der Inzidenz, sondern auch an der Auslastung der Krankenhausbetten mit Covid-19 Patienten orientieren – anders als in ihrem Antrag dargestellt.

Dass Sie den Fachbegriff der Inzidenz aus der medizinischen Statistik in Ihrem Antrag als unwissenschaftlich bezeichnen, wundert mich allerdings nur mäßig, schließlich leugnen Sie ja auch den Klimawandel, von dem über 90 Prozent der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überzeugt sind.

Sie wüssten außerdem, dass wir die Wirksamkeit von Hygienekonzepten kontrollieren. Aber wenn die Zahlen bei geöffneten Geschäften trotz Hygienekonzepten steigen und bei geschlossenen Geschäften sinken, sollten selbst Sie verstehen, dass die Hygienekonzepte schlichtweg nicht ausreichen, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Der Lockdown war und ist daher unumgänglich!

Und drittens wüssten Sie, dass der Anteil immunisierter Personen nur dann sicher gesteigert werden kann, wenn sich ausreichend Menschen impfen lassen. Aber Sie wissen es eben anscheinend doch nicht – anders kann ich mir ihren undifferenzierten Antrag nicht erklären.

Denn Sie fordern eine Perspektive, ohne das Wort Impfangebot auch nur ein Mal zu verwenden! Dass gerade die AfD sehr wenig zur Akzeptanz von Impfstoffen beiträgt, ist allerdings kein Geheimnis.

Auch der Vorwurf, der Lockdown führe schon jetzt zu einer nachhaltigen Standortschädigung, da zu viele Betriebe Insolvenz anmelden müssen, lässt sich leicht widerlegen. Ein Blick in die Statistik der sächsischen Insolvenzverfahren reicht, um zu sehen, dass es einen Rückgang um knapp 30 Prozent von 2019 auf 2020 gab. Die staatlichen Wirtschafshilfen haben also Wirkung gezeigt und bisher vielen Unternehmen durch die Krise geholfen. Dazu zählt auch die teilweise Aussetzung der Insolvenzantragspflicht.

Sogar die Inhaber selbst gehen mittlerweile nicht mehr davon aus, dass ein Großteil des Gastgewerbes und des Handels aufgrund der Corona-Krise sterben werden. Das Problem liegt vielmehr darin, dass unsere Innenstädte sich verändert haben – und das in rasender Geschwindigkeit. Wenn wir der Wirtschaft also wirklich eine Perspektive bieten wollen, gilt es jetzt Wege zu finden, unsere Innenstädte zukunftssicher zu machen. Die Attraktivität gegenüber dem Online-Handel lässt sich nicht allein durch ein „Weiter so“ bei den „Shoppingtunneln“ der Einkaufsstraßen wiedergewinnen.

Es braucht Konzepte, wie das von unserer Koalition nochmals aufgestockte Programm „Ab in die Mitte plus“, das eine gezielte Verbesserung der Erlebnisqualität zum Ziel hat, sodass es sich lohnt ins Stadtzentrum zu fahren!

Festzuhalten bleibt, die von Ihnen geforderten Maßnahmen sind absolut nicht geeignet, um der sächsischen Wirtschaft eine Perspektive zu bieten. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ganz klar ab.

Arbeit & Wirtschaft | | 21.05.2021

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