Rechnungshofbericht 2020 – Liebscher: Wichtige Unterstützung für die Arbeit der Abgeordneten
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
der Jahresbericht 2020 widmet sich vor allem den Prüfergebnissen vor Corona. Das sind soweit bekannte Themen. Themen, die auch mit Corona nicht an Bedeutung verlieren dürfen. Und vielleicht haben wir uns auch darum so viel Zeit für diesen Bericht genommen. Wir haben uns die Stellungnahmen der Häuser zu den einzelnen Prüfungen angehört und wir haben die Ergebnisse intensiv und lange im Ausschuss diskutiert. Und der Beschlussvorlage kann entnommen werden, welche Themen ein besonderes Augenmerk bekommen.
Fangen wir an mit dem Thema Haushaltsplan sowie Haushalts- und Vermögensrechnung, die mit dem Haushaltsjahr 2018 startet: Der Rechnungshof bestätigt dem Freistaat eine insgesamt ordnungsgemäße Haushalts- und Wirtschaftsführung.
Kritisch angemerkt wurden die knapp 1,3 Milliarden Euro an über- und außerplanmäßigen Ausgaben und die damit verbundenen Buchungen. Ein Nachtragshaushalt wäre hier sachgerecht gewesen.
Wir BÜNDNISGRÜNE teilen diese Einschätzung. Es wäre transparenter und kann besser nachvollzogen werden. Zum Beispiel auf den Internetseiten des Finanzministeriums unter Doppelhaushalt 2021/2022 – Erster Nachtragshaushalt – Zweiter Nachtragshaushalt – vielleicht auch noch ein Dritter. Es wäre auf jeden Fall öffentlich einsehbar und zu finden. Ich vermute mal, die wenigsten Menschen außerhalb des Landtages kennen die Drucksache namens ‚Übersicht in über- und außerplanmäßige Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen sowie zusätzliche Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen gemäß § 10 Abs. 1 des jeweiligen Haushaltsgesetzes‘ und würden sie im EDAS finden. Das gilt vielleicht sogar für diese Runde hier. Daher, wir teilen die Einschätzung des Rechnungshofes.
Auch zu den Nebenhaushalten führt der Rechnungshof wieder aus: Die Anzahl sei unverändert hoch. Für meine Fraktion kann ich sagen, dass wir in diesem schwierigen Jahr die Aufmerksamkeit vor allem auf das Wort „unverändert“ gelegt haben und den Hinweis auf „die Anzahl ist hoch“ werden wir im Auge behalten.
Für die Einrichtung des Corona-Bewältigungsfonds haben wir uns hier im April 2020 entschieden.
Der Rechnungshof führt seine Bedenken zu diesem Fonds aus. Es gab sicher so manchen Augenblick, da wäre ich auch gern Zuschauender und Bedenkentragender gewesen. Doch die Situation hat es damals nicht zugelassen. Das kann ich auch heute noch so vertreten. Wir haben unter den damals gegebenen Umständen in einer vorher nicht dagewesenen Situation Möglichkeiten gesucht, wie wir auch in Sachsen wieder Boden unter die Füße bekommen. Die Vorschläge des Rechnungshofes hatten wir vorliegen, aber uns war wichtig, die Situation nicht zusätzlich zu verschärfen.
Aber: Vom Volumen und der Laufzeit abgesehen, kritisiert der Rechnungshof vor allem, dass der Nachweis der Corona-Schulden und der Nachweis der Tilgung außerhalb der Haushaltsrechnung erfolgt. Damit seien in den kommenden Jahren die Zwecke öffentliche Rechnungslegung „für Rechenschaft, Vergleichbarkeit und Transparenz zu sorgen“ nur noch sehr eingeschränkt erfüllt.
Diesen Hinweis finden wir als BÜNDNISGRÜNE angemessen und da werden wir sicher nochmal darauf zurückkommen und da braucht es auch eine entsprechende Darstellung.
Zur Vermögensrechnung: Auch diese Prüfziffer gehört zum festen Reigen. Der Rechnungshof äußert sich zu den Entnahmen aus dem Garantiefonds. Es ist kein Geheimnis, wenn ich sage, dass die BÜNDNISGRÜNEN eine proaktive Kommunikation und einen transparenten Mitteleinsatz sehr geschätzt hätten. Für die zukünftigen Zahlungsverpflichtungen – wie die Beamtenpensionen und deren rechnerische Lücke – gilt sicher auch, dass der Rechnungshof diese bis zur Erledigung fortschreiben wird. Und zu Recht! Wir sind uns dieser Bindung und Verpflichtung bewusst.
Der Rechnungshof prüft des Weiteren die Arbeit der Fachressorts. So ist im Jahresbericht 2020 ausgeführt, wie in der Verwaltung das Reisekostenmanagement organisiert ist: kleinteilig und unzureichend IT-gestützt. Es ist gut und richtig, dass das laut ausgesprochen wurde und hier müssen wir auch schauen, dass wir den Arbeitsalltag von heute nicht mit den Methoden von Vorgestern organisieren und bewältigen.
Die Mehrarbeitsstunden der Polizei wurden geprüft, ob diese als Indikator für Stellenmehrforderungen dienen könnte. Das haben wir auch in der Koalition umfassend diskutiert und teilen die Einschätzung des Rechnungshofes, dass Mehrarbeit kein alleiniger Indikator für mehr Stellen ist. Allerdings ist Mehrarbeit durchaus ein Zeichen für Arbeitsbe- und überlastung und in Korrelation mit anderen Indikatoren kann es Bedarfe anzeigen. Hier reden wir vor allem über Aufgabenkritik und Prozessoptimierung. Das gilt für alle Zuständigkeitsbereiche der Öffentlichen Verwaltung und es wird uns vermutlich zukünftig noch stärker einholen. Wir wissen heute schon, dass wir nicht mehr alle freiwerdenden Stellen erfolgreich nachbesetzen können. Wenn diese leer bleiben, werden wir notgedrungen schauen, was noch zeitgemäß ist, welche Aufgaben anstehen und welche Gewohnheiten weitergepflegt werden können.
Den Ausführungen des Rechnungshofes zur Unterstützung des Katastrophenschutzes schließen wir uns an und begrüßen ausdrücklich, dass das Innenministerium zugesichert hat, die vorgeschlagenen Verfahrensvereinfachungen zu prüfen und damit die Träger von Katastrophenschutzeinheiten möglichst unkompliziert zu unterstützen.
Im Zuständigkeitsbereich des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums wurde unter anderem der Schienenpersonennahverkehr und da die Maßnahmen, die aus Regionalisierungsmitteln finanziert werden, geprüft. Der Rechnungshof regt eine Änderung im Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr im Freistaat an, damit dieser seiner Gesamtverantwortung für den ÖPNV gegenüber der kommunalen Selbstverwaltung nachkommen kann. Außerdem hat der Rechnungshof hier feststellen können, dass es an Planungswerten zu verkehrlichen und verkehrswirtschaftlichen Kennziffern fehlt. So sei eine Kontrolle nicht möglich. Der Rechnungshof weist mit Nachdruck darauf hin, dass die Zuweisungen von Regionalisierungsmitteln an die Zweckverbände an verbindliche Vorgaben zu koppeln sind.
Die vereinfachte Darstellung „schlechte Auslastung ist gleich schlechte Wirtschaftlichkeit“ ist hier schwierig. ÖPNV und SPNV ist für uns BÜNDNISGRÜNE eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Es ist immer wieder zu prüfen, wie diese sinnvoll und angemessen geleistet werden kann. Allerdings ist eine alleinige Bewertung einzelner Strecken oder Streckenabschnitte ausschließlich nach Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nicht ausreichend.
Noch ganz kurz zu den Ergebnissen der kommunalen Prüfung: Ich möchte hier auf die Ausführungen zu den kommunalen Wohnungsunternehmen in Städten zwischen 14.000 und 18.000 Einwohnern eingehen.
Der Bericht zeigt kommunalen Wohnungsunternehmen wichtige Handlungsorientierungen auf. Die Staatsregierung ist vor allem angesprochen, weil die bisherige Förderung laut Wohnungsunternehmen mit zu hohen Auflagen und zu viel Bürokratie verbunden war und daher nur zurückhaltend in Anspruch genommen wurde.
Der Rechnungshof hat elf kommunale Wohnungsunternehmen geprüft. Ergebnis: Dauerhaft leerstehende Wohneinheiten sind das größte finanzielle Risiko. Es gibt große Unterschiede zwischen Ballungsgebieten und ländlichem Raum. Die Ergebnisse und wie man damit umgeht, haben wir diskutiert. Es ist so, dass die Problemlagen sächsischer Wohnungsunternehmen vielschichtig sind. Und nicht überall ist Rückbau die Lösung. Auch in den Kommunen sind weiterhin Umstrukturierungen zu prüfen. Das Fachministerium ist hier bereits aktiv geworden und hat 2020 mit der „Förderrichtlinie preisgünstiger Mietraum“ die Wohnraumförderung wesentlich überarbeitet und insbesondere eine gezielte Förderung für Wohnungsunternehmen in Märkten mit hohem Leerstand und geringem Mietniveau entwickelt.
Auch diesmal möchte ich sagen: Der Freistaat wirtschaftet mit Steuergeldern und der Sächsische Rechnungshof prüft, ob die Staatsregierung dies in angemessenem Rahmen macht. Für mich sind die Berichte eine wichtige Unterstützung, um meine Aufgabe als Abgeordneter erfüllen zu können.
Im Namen der BÜNDNISGRÜNEN Fraktion bedanke ich mich beim Sächsischen Rechnungshof und seinen Mitarbeitenden für die unabhängige und gewissenhafte Arbeit.
Arbeit & Wirtschaft | | 09.02.2022