Rechnungshofbericht – Liebscher: Wichtige Unterstützung, um einen transparenten Staat zu gewährleisten

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

der Rechnungshof prüft die Haushalts- und Wirtschaftsführung der öffentlichen Verwaltung. Der Fokus dieser Prüfungen liegt dabei auf der Einhaltung von formellen und materiellen Rechtsvorschriften. Der vorliegende Jahresbericht beinhaltet vor allem die Ergebnisse aus dem Jahr 2020. Das Jahr 2020 stellte eine unglaubliche Herausforderung dar. Die Corona-Pandemie hat alles auf den Kopf gestellt, sodass gewohnte Verfahren, Abläufe und Entscheidungswege einfach ausgehebelt wurden. Bekannte Arbeitsroutinen sind weggebrochen und in zahlreichen Bereichen sind nie dagewesene Ausnahmezustände eingetreten. Entscheidungen mussten – teilweise ohne viele Informationen – unter hohem Zeitdruck getroffen werden. Es hat zu dem Zeitpunkt niemand gewusst, wie sich die Situation entwickeln wird. Niemand konnte vorhersagen, was alles noch passieren oder wie lange die Krise andauern würde. So hat in 2020 auch noch niemand wissen können, dass die Wirtschaft trotz großer Herausforderungen einen Umgang mit der Krise finden wird. Angesichts dieser Unsicherheit war es wenig verwunderlich, wie oft uns Gedanken geplagt haben, wie es denn nun weitergeht. Menschen aus allen Lebensbereichen wandten sich an die Politik mit der lauten Forderung, zu handeln. Diesen Forderungen haben wir zugehört. Wir haben gehandelt. 2020 haben wir als Parlament erstmals für den Freistaat eine außergewöhnliche Notsituation festgestellt und den Weg dafür freigemacht, dass der Freistaat Notkredite aufnehmen darf. Unsere Priorität war es, die Bevölkerung zu schützen. Gesundheitswesen und Wirtschaft standen vor einer großen und zudem völlig neuartigen Herausforderung. In vielen Bereichen des sozialen Lebens zeichneten sich tiefgreifende Folgen ab. Bereits früh deutete sich an, dass sich der Wirtschaftseinbruch auch auf die öffentlichen Finanzen auswirken wird. Daher wollten wir das Ausmaß an Schäden und Verlust möglichst gering halten und in dieser Situation die Erfüllung der staatlichen Pflichten und Aufgaben sicherstellen. Mit diesem Entscheidungsdruck waren wir freilich nicht allein: In Deutschland wurden in allen Parlamenten diese Überlegungen diskutiert und vergleichbare Entscheidungen getroffen. Heute wissen wir, dass wir weder zeitlich noch finanziell eine andere Wahl hatten und daher zum richtigen Zeitpunkt richtig gehandelt haben. Die Sächsische Verfassung hätte bei dem krassen Wirtschaftseinbruch von 2020 gar keine konjunkturbedingten Kreditaufnahmen ermöglicht.

Und damit zum Bericht:

Der Rechnungshof hat einige der Richtlinien zu den Corona-Hilfsmaßnahmen geprüft und sich erneut zum Fonds und den Kreditaufnahmen geäußert. Er ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Freistaat nach Zahlenlage die Notkredite innerhalb der verfassungsrechtlich vorgeschriebenen acht Jahre tilgen könnte. Und da wir die ersten zwei Jahre tilgungsfrei gestellt haben, ist es noch weniger Zeit. Über diese Stelle müssen wir reden: Was passiert mit Sachsen in dieser Zeit? Wir müssen die Frage stellen und sie auch beantworten. Warum ist der Tilgungszeitraum so kurz? Wem nützt das und auf wessen Kosten geht ein solcher Kurs? Klassenprimus zu sein, während wichtige Aufgaben nicht angegangen werden können, ist – das sage ich Ihnen deutlich – keine solide und nachhaltige Finanzpolitik. Und wem der Titel des Klassenbesten doch so wichtig ist, den kann ich beruhigen: Alle Bundesländer haben Corona-Kredite aufnehmen müssen; Sachsen führt hier nach wie vor an erster Stelle. 2020 ist nun zwei Jahre her und inzwischen haben wir Krieg in Europa. Damit stehen wir vor einer neuen Krisensituation, die uns wieder fordert und erneut Verfahren und Instrumente hinterfragt. Wir BÜNDNISGRÜNEN wollen eine ausgewogene und nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik. Hohe Tilgungsraten werden diesen Haushalt und die folgenden enorm belasten. Das wird unsere Investitionsfähigkeit einschränken. Auch werden Bereiche eingeschränkt, in denen wir unbedingt handlungsfähig bleiben müssen. Dazu zählen die Energiewende, Bildung und Forschung, …

Der Rechnungshof hat sieben der 24 Corona-Sonderprogramme bereits geprüft. Die Idee war, Risiken für den sächsischen Staatshaushalt zu minimieren. Die Prüfergebnisse und -hinweise sind wichtig und wurden meines Erachtens auch von den Häusern so wahr- und aufgenommen. Einzig die Ausführungen zu den Hilfsmaßnahmen im Bereich Kultur teilen wir BÜNDNISGRÜNE nicht vollumfänglich. Der Rechnungshof hat in seinem Prüfergebnis angemerkt, dass der Ausgleich von Honorareinnahmen nicht nur die Sicherung des Fortbestands der geschäftlichen Tätigkeit, z. B. zur Deckung von Fixkosten ermöglicht hat, sondern auch der Sicherung des individuellen Lebensunterhalts diente. Er kam zu dem Ergebnis, dieser hätte – wie bei anderen Personen auch – über soziale Sicherungssysteme, wie z. B. die Grundsicherung, abgedeckt werden müssen. Wir wollten Menschen unterstützen, die wir aufgrund der Pandemie in die Kurzarbeit schicken mussten, die gerade in Sachsen besonders lang andauerte. Der Rechnungshof hat zudem die kommunale Verwaltung geprüft. Nach Zahlenlage sind die Kommunen gut durch das Jahr 2020 gekommen. Dennoch ist wichtig zu erwähnen, dass den kommunalen Verwaltungen Personal fehlt. Sinkende Nachwuchszahlen werden hier eine spürbare Auswirkung auf die öffentliche Aufgabenerfüllung haben. Der Rechnungshof empfiehlt daher Konsolidierung und eine Einschränkung auf die Kernaufgaben der Daseinsfürsorge. Wir verstehen die Einschätzung, sehen aber, dass eine Aufgabenreduktion erhebliche gesamtgesellschaftliche Folgen haben kann. Diese Sicht teilt im Übrigen das Fachministerium auch. Wir BÜNDNISGRÜNE begleiten dieses Thema schon sehr lange und haben bereits an verschiedenen Stellen konkrete Vorschläge eingebracht. Auch weil wir wissen, dass sich die Landesregierung damit auseinandersetzen muss. Die Prüfergebnisse zu den Verfahren auf kommunaler Ebene wurden von den Verwaltungen vor Ort aufgegriffen und umgesetzt. Ich habe auch diesmal wieder feststellen können, dass zwischen kommunaler Verwaltung, Verfahrensprüfung und -anpassung ein gut funktionierendes Miteinander existiert, das beibehalten werden muss. Abschließend möchte ich folgendes sagen: Der Freistaat wirtschaftet mit Steuergeldern und der Sächsische Rechnungshof prüft, ob die öffentlichen Haushalte dies in angemessenem Rahmen machen. Für mich sind die Berichte eine wichtige Unterstützung, um einen transparenten Staat zu gewährleisten und um meine Aufgabe als Abgeordneter erfüllen zu können.

Arbeit & Wirtschaft | | 21.09.2022

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