Sächsisches Hilfspaket – Liebscher: Wir BÜNDNISGRÜNE wollen Bundesmaßnahmen mit eigenem Programm flankieren

Sehr geehrter Herr Präsident,
werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete,“We stand with Ukraine!” Im Frühjahr erklang diese Formel einmütig und parteiübergreifend. In deutlicher Klarheit verurteilten wir auch hier im sächsischen Parlament den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine. Solidarität hieß das Gebot der Stunde.Besonders die Bundes-CDU rührte wortstark die Trommel mit Forderungen nach einem Gas-Embargo – man solle hierzulande den „Gürtel enger schnallen“, so CDU-Vorsitzender Merz.Heute, sieben Monate später: Die Gasspeicher sind trotz wiederholtem Lieferstopp durch Russland gefüllt. Sie sind aufgrund schneller Reaktion der Bundesregierung gefüllt.Wir kommen durch den Winter. Die Versorgung ist gewährleistet. Doch die laute Bereitschaft, auf Gas zu verzichten, wird leiser im Angesicht der aktuellen Einschnitte. Heute, wo der Winter bevorsteht, spielt Russland mit Spaltung und Verunsicherung der westlichen Verbündeten der Ukraine. In den kommenden Monaten soll unsere Solidarität und Geschlossenheit auf die Probe gestellt werden. Und so appelliere ich an alle Akteure in Sachsen, von Kammern über Parteien bis zum Ministerpräsidenten zu Seriosität statt Angstmache. Um die europäische Gemeinschaft solidarisch durch den Winter zu bringen, braucht es freilich mehr als guten Willen und warme Worte. Denn wir werden nur zusammenstehen können, wenn wir niemanden mit den gestiegenen Kosten allein lassen. Wir notierten im August eine Teuerung von 7,9 Prozent – getrieben durch hohe fossile Energiekosten. Ich habe in den vergangenen Wochen mit vielen Menschen gesprochen, die mit ihren Gasabschlägen bei mir im Büro standen. Wir haben Unternehmen besucht, kleine Betriebe, energieintensive Betriebe, die nun in Sorge sind. Und daher ist unsere Position als BÜNDNISGRÜNE: Wir müssen hier als Freistaat, in Abstimmung mit der EU und mit dem Bund, tun, was wir können, um zu entlasten! Als BÜNDNISGRÜNE machen wir daher deutlich: Der Freistaat hat das Potential, seine Bürgerinnen und Bürger, seine Kommunen, Stadtwerke und Unternehmen in der Krise zu begleiten.

Werte Damen und Herren,

um aber in dieser und in kommenden Krisen handlungsfähig zu bleiben, ist umgehend eine Überarbeitung der Schuldenbremse notwendig. Die dogmatische Versteifung auf die bisherige, kurze Tilgungsfrist führt bereits jetzt im Zusammenhang mit den Corona-Krediten zu scharfen Einschnitten in den sächsischen Haushalt. Damit erschweren wir die Inanspruchnahme von sogenannten Notstandskrediten unnötig. In Krisensituationen müssen aber alle Werkzeuge anwendbar sein. Der Freistaat muss die Schuldenbremse anpassen und sich dadurch den Spielraum erschließen, den andere Bundesländer bereits nutzen. Die sächsische Verantwortung wird erst ersichtlich, wenn die Ausgestaltung der Entlastungen im Bund und die Maßnahmen auf europäischer Ebene ausdekliniert sind. Wir werden hier in Sachsen offene Bedarfe ermitteln. Als BÜNDNISGRÜNE setzen wir uns dafür ein, Bundesmaßnahmen landesseitig mit einem eigenen Krisenprogramm zu flankieren. Die Gasumlage ist im Bund verabschiedet worden, um die insolvenzgefährdeten Gasversorger zu erhalten und die Versorgung hunderter Stadtwerke abzusichern. Aus BÜNDNISGRÜNER Sicht ist es von höchster Relevanz, diese Umlage durch direkte soziale Ausgleichsleistungen zu begleiten und krisenbedingte Zufallsgewinne im Energiebereich abzuschöpfen. Im ersten Schritt wird die Zufallsgewinnabgabe europaweit für Strom eingeführt und mit einer Stromkontingent-Lösung auf nationaler Ebene umverteilt. Die Preisdeckelung von 80 Prozent des historischen Durchschnittsverbrauchs unterstützt auf der einen Seite Einsparbemühungen der Verbraucherinnen und Verbraucher, sichert aber gleichzeitig auch eine bezahlbare Grundversorgung. Wir sprechen uns auch für eine Kontingent-Lösung im Gasbereich aus. Das dritte Entlastungspaket sieht gleichzeitig weitere Direktzahlungen sowie zahlreiche Reformen vor:

Das Bürgergeld ist nun unter Hochdruck verabschiedet worden und auch vom Wohngeld sollen mehr Menschen profitieren. Die Maßnahmen werden derzeit konkretisiert, um im Winter zielgerichtet zu greifen.

Werte Kolleginnen und Kollegen,

ich erkenne deutlich die Absicht des vorliegenden Antrags, hier im Freistaat nach Kräften zu helfen. Das Anliegen teile ich prinzipiell und auch setzen wir uns als BÜNDNISGRÜNE, wie ich eben erläutert habe, dafür ein, hier zielgenau anzusetzen. Auch unterstützen wir landesseitig Bemühungen, die Kosten für den ÖPNV in Form einer Anschlusslösung für das erfolgreiche Neun-Euro-Ticket dauerhaft zu senken. Wir setzen uns dafür ein, hier in Sachsen die nötige Kofinanzierung aufzubringen. Dennoch kann ich einige Aspekte des vorliegenden Antrags nicht unterschreiben. So ist das Land schlicht – weder rechtlich noch finanziell – in der Lage, im Alleingang einen landesweiten Strom- und Gaspreisdeckel einzuführen. Ebenso ist es angesichts der Dringlichkeit der Situation schlicht fahrlässig, ohne Abstimmung mit den Maßnahmen des Bundes voranzupreschen. Ich bitte Sie darum, die Größenordnungen Ihrer finanziellen Forderungen zu berücksichtigen. Wir lehnen den Antrag ab.

Arbeit & Wirtschaft | | 22.09.2022

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